P.A. Böckstiegels Gemälde "Familienbild" von 1924
Das beidseitig bemalte, 109 x 170 cm große, Gemälde des expressionistischen Malers P.A. Böckstiegel (1889-1951) mit der vorderseitigen Darstellung „Familienbild“ (um 1924) und rückseitigen Darstellung „Zwei weibliche Akte“ (1914), galt als im Krieg zerstört. 2012 wurde es bei Aufräumarbeiten durch den Museumsleiter des Museums Peter August Böckstiegel in Werther, David Riedel, zusammengefaltet auf dem Boden eines alten Schrankes gefunden. Die Restaurierung des Gemäldes erfolgte in den Jahren 2013-2015.
Bei seiner Auffindung befand sich das Gemälde insgesamt in einem äußerst fragilen Zustand. Extrem gefährdet war die sehr pastos aufgetragene Malschicht auf der Familienbildseite. Durch die gefaltete, unaufgespannte Lagerung hatte der Bildträger seine Funktion als stabilisierende Trägerfläche für die Malschicht zum Großteil eingebüßt. Er war in vertikaler Richtung stark wellenförmig deformiert.
Nahezu über die gesamte Bildfläche verteilt, hatte die Farbschicht die Haftung zum Bildträger teilweise oder völlig verloren. Viele der gelockerten Farbschollen befanden sich zwar noch an Ihrem Platz, hatten aber keine oder nur noch geringe Haftung zum Untergrund. Andere waren stark deformiert und standen auf.
Unzählige Farbschollen hatten sich bereits aus ihrem Verbund gelöst und es lagen viele kleinere und große Fehlstellen in der Bildfläche vor. Manche abgelöste Farbschollen waren durch die gefaltete Lagerung in andere Bereiche gerutscht. Da während der gefalteten Lagerung in vielen Bereichen Malschichten direkt aufeinander lagen, hatten sich gelockerte Farbschollen und sogar ganze Pinselzüge vom Untergrund gelöst und hafteten nun fest an der Oberfläche der sie berührenden Malschicht.
Auf der Aktseite waren diese Schädigungen ebenfalls zu beobachten. Aufgrund der hier vorliegenden anderen Maltechnik sowie der Tatsache, dass sie beim Falten nach außen zeigte, waren sie allerdings deutlich weniger stark ausgeprägt.
Beide Bildseiten zeigten zudem extreme Verschmutzungen in Form von lose aufliegendem Staub, festhaftenden Schmutzablagerungen, Spinnweben, Insektennestern und vereinzelt mikrobiellen Befall.
Die Restaurierung war äußerst umfangreich und wurden über einen Zeitraum von zwei Jahren ausgeführt. Sie erfolgten in enger Abstimmung mit dem Künstlerischen Leiter des Museums, David Riedel, und dem Kuratorium der Peter-August-Böckstiegel-Stiftung.
Der Bildträger wurde schrittweise planiert und nach einer Verstärkung der Spannränder auf einen neu angefertigten speziellen Spannrahmen gespannt.
Bildschichtschollen wurden, ähnlich eines Puzzles, soweit wie möglich den vorhandenen Fehlstellen zugeordnet, replatziert und wieder fixiert.
Gelockerte, aufstehende und deformierte Farbschollen wurden rückgeformt, niedergelegt und durch Eingabe von Klebemittel unter die jeweils betroffene Scholle wieder eine Haftung mit dem Untergrund erzielt.
Die Schmutzablagerungen und der mikrobielle Befall wurden von den Oberflächen abgenommen.
Sehr kleine Fehlstellen, in denen die weiße Grundierung sichtbar war, wurden entsprechend des umgebenden Farbtons farblich retuschiert.
Große Fehlstellen mit sichtbarer weißer Grundierung wurden in einem beigen Ton eingetönt, so dass sie in ihrer Intensität und Störungsgrad zurücktraten.
So konnten die Störungen und Unterbrechungen in den Farbflächen reduziert werden und die Darstellung wieder deutlich besser lesbar werden.
Durch den Rahmenbauer Jörg Liestmann aus Duisburg wurde ein doppelseitiger Zierrahmen konzipiert und angefertigt, der die beidseitige Präsentation unter Schutzverglasung ermöglichte.
In einer Ausstellung im Stadtmuseum Gütersloh mit dem Titel „Vom Suchen, Finden und vom Restaurieren“ wurde das Gemälde 2015 dann erstmals, nach mehr als sechs Jahrzehnten, wieder präsentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.